Discovering the intrinsic Value of all Creatures, Human and Non-human

Internationale Konferenz

Mittwoch und Donnerstag, 7. und 8. März 2018 | Gregoriana Universität, Rom

Christian Meier und Till Weyers, Referenten für das KU/VDW-Projekt „Laudato Si’ – die päpstliche Enzyklika im Diskurs für eine große Transformation” (Projektleitung Prof. Dr. Ulrich Bartosch), nahmen vergangene Woche an der zweitägigen internationalen Konferenz “Radical Ecological Conversion after Laudato Si’ – Discovering the intrinsic Value of all Creatures, Human and Non-human” teil. Die Konferenz wurde von der Deutschen, Georgischen und Niederländischen Botschaft beim Heiligen Stuhl zusammen mit der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom ausgerichtet. Sie brachte Geistliche, Religiöse, WissenschaftlerInnen und Lehrende zum Austausch über die Gedanken und Lehre von Laudato Si‘ – den allen Geschöpfen innewohnenden Wert – zusammen. In den verschiedenen Panels der Konferenz wurde der Frage nachgegangen, wie Kirche und Gesellschaft die natürliche Lebensordnung der Schöpfung bewahren können. Das Laudato Si´-Projektteam der KU/VDW konnte wissenschaftliche Erkenntnisse und empirische Daten gewinnen sowie Kooperationen mit vatikanischen Institutionen in die Wege leiten.

Die thematischen Schwerpunkte der Konferenz waren die Notwendigkeit einer „radikalen ökologischen Umkehr” (radical ecological conversion), der intrinsische Wert (intrinsic value) aller Geschöpfe, sowie das Konzept der „integralen Ökologie“ als Herangehensweise, diese Veränderungen umzusetzen. In wissenschaftlichen Vorträgen und Diskussionen wurde nach Wegen gesucht, einen tiefgreifenden ökologischen Wandel beim einzelnen Menschen sowie bei wirtschaftlichen, sozialen und politischen Akteuren und Gemeinschaften hervorzurufen, um eine nachhaltige Umwelt zu schaffen.

Nach Grußbotschaften von Papst Franziskus und des orthodoxen Patriarchen Bartholomäus stimmte Kardinal Turkson, Präfekt des vatikanischen „Dikasteriums für die Förderung der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen“, die Teilnehmenden auf die Konferenz ein. In seiner Eröffnungsrede betonte er die große Notwendigkeit einer „ganzheitlichen ökologischen Umkehr“. In einer Linie mit dem Konzept der „ganzheitlichen Ökologie“ lade uns Papst Franziskus ein, Sünde als einen Bruch grundlegender Beziehungen im Leben zu verstehen – die Beziehung zu unseren Mitmenschen, zur Erde und zu Gott. Die ökologische Krise sei Ausdruck eines sündhaften Handelns gegenüber unseren Mitmenschen und letztendlich eine Sünde gegenüber der Welt, in der wir leben – unserem „gemeinsamen Haus“. „Ökologische Umkehr“ müsse zunächst zwar auf persönlicher Ebene stattfinden; gemeinschaftliche „ökologische Umkehr“ (in den Bereichen Politik, Bildung und Wirtschaft usw.) sei jedoch genauso wichtig. Papst Franziskus betone, dass sozialen Problemen mit gemeinschaftlichen Netzwerken begegnet werden müsse, im Sinne einer „Gemeinschaft der Umkehr“. Das Konzept einer ganzheitlichen Ökologie könne uns helfen, diesen Wandel zu fördern. Am Ende seines Vortrages bekräftigte Kardinal Turkson, dass der Papst überzeugt sei, dass den Menschen Wandel möglich sei und weil Wandel möglich sei gebe es Hoffnung.

Reverend Dr. Chryssavgis, theologischer Berater des orthodoxen Patriarchen Bartholomäus in Umweltfragen, machte in seiner Keynote als Ursache der ökologischen Krise die menschliche Selbstüberhöhung und Arroganz aus. Menschen genauso wie nichtmenschliche Lebewesen und Dinge sollten nicht als bloße Gegenstände behandelt werden. Um die ökologische Krise zu lösen, erfordere es mehr als bloß Absichtserklärungen, es gehe darum konkret anders zu handeln. Mitgefühl und Sorge für alle Menschen und Geschöpfe sei erforderlich. Wir müssten mit althergebrachten Konventionen und Gewohnheiten brechen und einen kompletten Systemwandel einläuten. Chryssavgis betonte den ökumenischen Charakter der Enzyklika und den Aufruf zum Dialog. Eine gemeinsame Stellungnahme von Papst Franziskus und des Patriarchen Bartholomäus zitierend schloss Chryssavgis, dass wir die Art und Weise, wie wir die Welt sehen, ändern müssten, um den Umgang mit unserer Welt zu ändern.

Im weiteren Verlauf der Konferenz näherte man sich der Notwendigkeit einer „radikalen ökologischen Umkehr“ aus verschiedensten Zugängen und Blickwinkeln an. Geistliche, TheologInnen, BiologInnen, NaturwissenschaftlerInnen und VertreterInnen vieler anderer Disziplinen aus aller Welt erörterten in Vorträgen, Diskussionen und Workshops Sichtweisen auf und mögliche Umgänge mit der Problemstellung. Einige Themenfelder umfassten: durch Klimawandel verursachte Migrationsbewegungen von Menschen und anderen Lebewesen; das Verhältnis indigener Völker zur Schöpfung und der daraus resultierende Umgang damit; Erkenntnisse aus der Umwelt- und Verhaltenspsychologie zu individueller und kollektiver Verhaltensänderung; Spiritualität und deren Praktiken zu einem würdevollen Umgang mit der Schöpfung. Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Ottmar Edenhofer forderte in seinem Vortrag eine signifikante und umgehende Dekarbonisierung, um den Klimawandel noch stoppen zu können. Er unterstrich die Brillanz des Konzeptes in Laudato Si‘, dass die Atmosphäre als Gemeingut zu verstehen sei und entsprechend behandelt werden müsse. Die wahren Kosten der Verschmutzung müssten eingepreist und damit eine globale CO2-Steuer eingeführt werden. Auch konkrete Projekte zur Umsetzung der Impulse der Enzyklika wurden vorgestellt, so z.B. die Arbeit von christlichen Gemeinden bezüglich Umwelt- und Klimaschutz, Projekte zur Erhaltung der Biodiversität und globale Kooperation zu den Fragestellungen. Es wurden Strategien und Wege identifiziert, wie die Kirche, zusammen mit anderen Partnern, einen radikalen ökologischen Wandel sowohl von Individuen als auch wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Akteuren und Institutionen umsetzen kann.

Outcome für Projekt
Die Referenten für das Laudato Si‘-Projekt von KU und VDW berichteten Kardinal Turkson in einem kurzen Gespräch über die Projekt-Aktivitäten und übergaben ihm einen Projekt-Bericht. Zudem führte das Projekt-Team erste Gespräche mit einem Vertreter des vatikanischen „Dikasteriums für die Förderung der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen“ und bahnte ein weiteres mögliches Zusammenwirken an. Außerdem konnten sie Experten-Interviews führen. Christian Meier meinte: „Die Konferenz bot einen hervorragenden Rahmen für den fachlichen Austausch mit anderen WissenschaftlerInnen und hohen Funktionsträgern aus aller Welt zu den Konferenzthemen.“ Till Weyers zeigte sich beeindruckt von der Vielfalt der Perspektiven und der teils sehr radikalen inhaltlichen Beiträge. Es habe ein offener und konstruktiver fachlicher Diskurs stattgefunden, der auch über die Konferenz hinaus Strahlkraft haben werde.